Unternehmensberichte

Wie sieht die Kooperation zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen in der Praxis aus? Welche Vorteile bietet das Duale Studium Hessen für Unternehmen?

Auf den folgenden Seiten berichten Unternehmensvertreterinnen und Unternehmensvertreter aus dem Dualen Studium Hessen.

Interview mit Nadja Sauerwein, Personalentwicklung, R+V Allgemeine Versicherung AG

R + V

Die R+V Versicherung beschäftigt deutschlandweit ca. 15.000 Mitarbeiter, darunter aktuell 454 Auszubildende und dual Studierende. Eine duale Ausbildung kann als Kaufmann bzw. Kauffrau für Versicherung und Finanzen und Fachinformatiker/in absolviert werden. Zu den angebotenen dualen Studiengängen gehört unter anderem der Bachelor of Science in Versicherungs- und Finanzwirtschaft und der Bachelor of Science in Angewandter Informatik oder Wirtschaftsinformatik.

Gibt es nach Ihren Erfahrungen spezielle Anforderungen und Voraussetzungen, die ein Unternehmen für eine Beteiligung am dualen Studium erfüllen sollte?

Sauerwein: Erst einmal ist es wichtig, dass man als Unternehmen bereit ist, die finanziellen Voraussetzungen zu erfüllen. Nachwuchskräfte im dualen Studium sind keine billigen Arbeitskräfte, sondern sollten als Investition in die Fach- und Führungskräfte von morgen gesehen werden.

Sehr häufig unterschätzen Unternehmen auch den erforderlichen Betreuungsaufwand. Hier ist Voraussetzung, dass ausreichend Fachkräfte im Unternehmen sind, die auch Kapazitäten haben, die Studierenden zu betreuen. Die Nachwuchskräfte kommen direkt nach ihrem Schulabschluss mit Abitur oder Fachabitur ins Unternehmen. Sie sind wie ein weißes Blatt Papier und wissen über den Geschäftsbereich Versicherungen nahezu gar nichts. Da muss man erst einmal viel Zeit in die Betreuung investieren. Dabei sollten die Betreuenden neben der fachlichen Qualifikation auch Spaß am Umgang mit jungen Menschen haben.

Was waren bei der Auswahl der Bildungsanbieter die entscheidenden Kriterien für Ihr Unternehmen?

Sauerwein: Prinzipiell gehen wir so vor, dass wir uns zunächst die Inhalte eines Studiengangs anschauen und prüfen, ob das zu unserer Praxis passt. Wir haben ganz verschiedene Sparten und Abteilungen, die unterschiedliche Anforderungen an das Studium haben. Nach Studienabschluss sollen die Fachkräfte über Spezialwissen verfügen, deswegen achten wir ganz genau auf die Studieninhalte und den Ablauf. Wir prüfen auch, ob der Studiengang ausbildungsintegriert ist, wie das Zeitmodell aussieht und wir berücksichtigen, ob wir mit der entsprechenden Hochschule bereits kooperieren. Wenn bereits eine Kooperation besteht, mindert es das Risiko und macht die Koordination einfacher.

Wie lange war die Vorlaufzeit, bis die Kooperation mit dem Bildungsanbieter zustande kam und welche Tipps können Sie anderen Unternehmen geben, die sich an dualen Studienmodellen beteiligen wollen?

Sauerwein: Wenn wir eine neue Ausbildungsmöglichkeit über ein duales Studium anbieten möchten, starten wir etwa ein Jahr im Voraus mit der Planung. Der Vorlauf ist schon wegen der internen Prozesse und Vorbereitung notwendig. Auch die Hochschule benötigt Planungsvorlauf und muss wissen, mit wie vielen Studierenden in den nächsten Anfangssemestern zu rechnen ist. Im Unternehmen muss sich auch rechtzeitig um die Rekrutierung gekümmert und etwa ein Jahr vorher die dualen Studienplätze ausgeschrieben werden. Wenn man ein Jahr vor Studienbeginn noch nicht weiß, mit welcher Hochschule man kooperiert, wird es schwierig.

Unternehmen, die sich neu am dualen Studienmodell beteiligen möchten, rate ich, sich mit anderen Unternehmen auszutauschen, die schon im entsprechenden Studiengang Kooperationspartner sind. Auf den Webseiten der Bildungsanbieter gibt es meist eine Auflistung der Kooperationsunternehmen. So können einfach ein paar Unternehmen kontaktiert werden und um Austausch gebeten werden. Der Austausch hilft auf jeden Fall und beantwortet wichtige Fragen, die bei der Planung aufkommen. Wir haben bei den ausbildungsintegrierten Studiengängen auch immer mit der IHK gesprochen, wie auch mit den Hochschulen. Mit den Ansprechpartnern kann man das Konzept durchgehen und offene Fragen klären.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit ihren Bildungspartnern generell?

Sauerwein: Die Zusammenarbeit läuft immer sehr gut. Wir haben einmal im Semester Austauschtermine mit den Bildungspartnern, bei denen wir in die Hochschule eingeladen werden. Dabei kommen Vertreter und Vertreterinnen der Kooperationspartner zusammen und es wird vorgestellt, was es Neues gibt und welche Anpassungen in dem Curriculum vorgenommen werden. Als Kooperationspartner kann man Feedback geben, was immer gut angenommen wird. Neben diesen Terminen gibt es immer die Möglichkeit, sich an die Ansprechpartner der Hochschule zu wenden und bilateral Fragen zu klären.

Erhalten Sie Rückmeldungen von den Bildungsanbietern zu den akademischen Leistungen Ihrer dual Studierenden?

Sauerwein: Nein, die Bildungsanbieter geben uns hierzu keine Informationen. Wir haben eine interne Regelung mit den Studierenden, dass sie uns nach jedem Semester ihre Leistungsübersicht mit den Noten zuschicken. Das dient weniger der Leistungskontrolle sondern vielmehr darum, dass wir rechtzeitig Probleme erkennen können und unterstützen können.

Wie werden dual Studierende in den Praxisphasen bei der Entwicklung von Handlungskompetenzen unterstützt?

Sauerwein: Für alle Studierenden wie auch für die Auszubildenden gibt es zu Studienbeginn eine Einführungsphase mit den Verantwortlichen aus der Personalentwicklung. Wir bieten Schulungen zu Lern- und Arbeitsstrategien, Gesundheitsthemen, Technik- und Versicherungsthemen, aber auch Seminare zu Soft Skills, Teambuilding, etc., an.

Handlungskompetenzen werden über die kompletten Praxisphasen gefördert, da die Studierenden in den Fachabteilungen anspruchsvolle Aufgaben erhalten. Wir haben auch so genannte Azubi-Projekte, bei denen Studierende mit Azubis über ganz Deutschland verteilt in Projekten arbeiten. Hier werden unter anderem agile Projektmethoden wie Scrum eingesetzt, die das eigenverantwortliche Arbeiten fördern.

Darüber hinaus bekommen die Studierenden regelmäßig Feedback in den Fachabteilungen, wodurch die Persönlichkeit und auch die Fachkenntnisse gestärkt werden.

Wie gestalten sich die Projektarbeiten dual Studierender in den Praxisphasen?

Sauerwein: Wie bei dem Azubi-Projekt mit agilen Projektmethoden geht es um eigenverantwortliches Arbeiten, aber die Studierenden arbeiten soweit möglich auch in den Fachbereichen im Projekt- und Tagesgeschäft mit. Dabei werden die Studierenden von ihren Fachausbildern im Fachbereich unterstützt und erhalten angepasst an ihren Lernstand entsprechend eigenständige Aufgaben.

Welche Instrumente nutzen Sie zur Steuerung? Gibt es Ausbildungs-, Qualifizierungs- bzw. Ablaufpläne und Feedbackmöglichkeit für dual Studierende?

Sauerwein: Wir haben zum einen die bereits beschriebene Einarbeitungsphase, bei der die Studierenden bei uns in der Personalentwicklung bzw. Organisationsentwicklung sind, an Schulungen teilnehmen und sich gegenseitig kennenlernen. Darüber hinaus erhält jeder Studierende einen Einarbeitungsplan. Diese Einarbeitungspläne werden vorab mit der Ausbildungsabteilung abstimmt, so dass für jede Studierende bzw. jeden Studierenden ein strukturierter Ablaufplan vorliegt. Hinzu kommen Ausbildungspläne als ein klar strukturiertes Instrument.

Außerdem haben wir individuelle Qualifizierungspläne in den Abteilungen. Hier wird immer wieder geschaut, wie sich die Studierenden entwickeln, wie der Fortschritt ist und welche Schulungen oder Hospitationen individuell noch benötigt werden. Nach jeder Praxisphase oder spätestens nach sechs Monaten erhalten die Studierenden eine Beurteilung. Dafür haben wir einen standardisierten Beurteilungsbogen, den jeder Ausbilder bzw. jede Ausbilderin nutzt. Für alle Studierenden und Auszubildenden gelten die gleichen Kriterien, die vorher mit den Auszubildenden und Studierenden besprochen werden. Dazu kommen kleinere Feedback-Gespräche, die zwischendurch geführt werden.

Alle drei bis sechs Monate gibt es noch Austauschtermine mit der Ausbildungsabteilung, also zwischen den Studierenden und der Ausbildungsabteilung, aber auch zwischen den Ausbildenden und der Ausbildungsabteilung.

Studierenden erhalten auch die Möglichkeit, ihrerseits Feedback zu geben, auch dafür gibt es einen standardisierten Feedbackbogen. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Ausbildung mitzugestalten. Es gibt diverse festgelegte Schritte für bestimmte Gespräche mit den Studierenden und der Fachabteilung, damit der oder die Studierende auch frühzeitig weiß, wie die Übernahmemöglichkeiten aussehen und an welchem Punkt der Ausbildung er oder sie sich gerade befindet. Die Prozesse sind bei uns, soweit es geht, einheitlich innerhalb der jeweiligen Modelle und Studiengänge.

Diese klaren Prozessstrukturen und Standards sind notwendig, um in einem großen Unternehmen eine gute Organisation der Ausbildung zu gewährleisten. Die Studierenden unterhalten sich ja auch untereinander, da ist es wichtig, dass die Abläufe einheitlich und vergleichbar sind.

Wie gehen Sie im Unternehmen mit Lernschwierigkeiten um? Gibt es Unterstützung im Unternehmen, beispielsweise Mentoring oder unterstützen sich die Studierenden gegenseitig?

Sauerwein: Sowohl als auch. Wenn wir merken, dass eine Studierende bzw. ein Studierender Lernschwierigkeiten hat, ist das erste Instrument Nachhilfe, entweder mit Kommilitoninnen und Kommilitonen aus dem gleichen Jahrgang oder auch aus höheren Jahrgängen. Wenn beispielsweise jemand durch eine Prüfung gefallen ist, dann schauen wir, wer den Stoff gut bewältigt hat und bringen die beiden zusammen. Das ist auch während der Arbeitszeit in regelmäßigen Abständen möglich, etwa einmal pro Woche.

Zum anderen haben wir auch klassische Unterstützung durch die Ausbildungsabteilung und wir bieten Kurse zur Prüfungsvorbereitung an. Wir unterstützen auch durch individuelle Lernbegleitung, wenn wir bemerken, dass eine Studierende bzw. ein Studierender intensiver begleitet werden muss, etwa indem wir gemeinsam einen Lernplan erstellen.

Gibt es zum Abschluss noch etwas, was Sie einem Unternehmen, das sich für eine Beteiligung am dualen Studienmodell interessiert, mit auf den Weg geben möchten?

Sauerwein: Aus unserer Erfahrung lohnt es sich, dual Studierende einzusetzen. Man bekommt dadurch frischen Wind in das Unternehmen. Die Studierenden sind meistens hoch motiviert und nach dem Studienabschluss hat das Unternehmen sehr gut ausgebildete Fachkräfte, auch wenn man am Anfang viel anleiten muss und der Betreuungsaufwand nicht unterschätzt werden sollte. Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht und werden das Programm noch weiter ausbauen.

Ein Praxisbericht von Michael Donges, Personalleiter Roth Industries GmbH & Co. KG

Michael Donges

Von der Stellenausschreibung bis zur Einstellung: der Auswahlprozess von dual Studierenden in einem Unternehmen

Der Teilarbeitsmarkt für dual Studierende hat in den letzten Jahren eine Dynamisierung erlebt. Sehr viele Schulabgänger mussten sich vor einigen Jahren noch entscheiden, eine praktische Ausbildung oder ein Hochschulstudium zu durchlaufen. Mit dem Angebot des dualen Studiums ist eine erfolgreiche Kombination aus Theorie und Praxis entstanden. Einige Hochschulen haben diese Chance für sich erkannt und bieten seit Jahren ein immer breiteres und praxisrelevanteres Studienangebot an, in dem sich Unternehmen sowie Schülerinnen und Schüler immer spezifischere und passendere Pakete auswählen können.

Nachdem das Unternehmen sich aus dem vielfältigen Angebot von möglichen dualen Studiengängen und Schwerpunkten die passenden Studienangebote ausgewählt und sich mit dem Bildungsanbieter abgestimmt hat, muss es mit geeigneten Maßnahmen den potentiellen Arbeitsmarkt darüber informieren und adäquate Bewerberinnen und Bewerber ansprechen. Hier fängt mit der Stellenausschreibung das Bewerbungsverfahren an.

Das Unternehmen muss durch eine interessante und ansprechende Stellenannonce auffallen, um sich gegenüber anderen Wettbewerbern bei den interessierten Bewerberinnen und Bewerbern durchzusetzen. Wurden bis vor einigen Jahren die Stellenannoncen noch klassisch in Printmedien platziert, ist heute ein Mix aus verschiedenen Medien erfolgversprechend - die Digitalisierung über Internetauftritt, Studien- und Jobbörsen im Internet (manche Bildungsanbieter bieten auch eigene Stellenportale für duale Studiengänge) und sozialen Medien wird auch in diesem Bereich der Personalrekrutierung immer wichtiger, um interessant und attraktiv zu wirken und somit hohe Quantität und Qualität bei den Bewerbungseingängen verzeichnen zu können. Außerdem ist die Mitwirkung bei ausgewählten Berufs- und Ausbildungsmessen in den Schulen oder in den Hochschulen zu empfehlen, um dort face to face mit potentiellen Ausbildungsinteressierten ins Gespräch zu kommen.

Neben den externen Bewerberinnen und Bewerbern für zu besetzende Stellen für duale Studienplätze sind die eigenen Beschäftigten und Auszubildenden sehr interessant. Gerade die Auszubildenden kennen das eigene Unternehmen schon aus der bis zu 3,5-jährigen Ausbildungszeit mit den gefühlten Stärken und Schwächen. Entscheiden sich Auszubildende, nach erfolgreichem Ausbildungsende ein duales Studium im eigenen Unternehmen zu durchlaufen, ist die Wahrscheinlichkeit für eine dauerhafte und gute Mitarbeit im Unternehmen sehr hoch. Die Vertragspartner - Unternehmen und künftige dual Studierende - kennen und schätzen sich. Das Risiko des Scheiterns wird somit minimiert. Außerdem kann i.d.R. davon ausgegangen werden, dass durch die Kombination von vorgeschalteter Ausbildung und nachfolgender dualer Studienzeit die Loyalität zum Unternehmen ausgebaut und gefestigt wird. Und genau das ist es, was Unternehmen sich wünschen und brauchen - nach den Jahren der zeitlichen und finanziellen Investitionen in die dual Studierenden soll eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit erfolgen. Je besser Unternehmen und dual Studierende sich kennen und schätzen, desto höher ist diese Erfolgschance.

Nachdem interne und externe Bewerbungen für die zu besetzenden dualen Studienplätze vorliegen, gilt es - wie bei allen Stellenbeschreibungen - den richtigen Bewerber/die richtige Bewerberin auszuwählen. Nach Sichtung der Lebensläufe und Qualifikationsnachweisen ist meist eine Vorauswahl durchzuführen, damit in der nächsten Stufe in Vorstellungsgesprächen und in Assessmentcentern neben den nachgewiesen Zeugnisnoten die weichen Faktoren ermittelt werden können. Im Auswahlverfahren ist es wichtig, dass man durch geschickte Fragestellungen die wesentliche Motivation und Zukunftsplanung des bzw. der Bewerbenden erkennen kann. Diese Phase des Auswahlverfahrens ist mitunter zeitintensiv. Hier sollte man nicht an falscher Stelle an Zeit sparen wollen. Das Bewerbungsverfahren ist an dieser Stelle sehr wichtig - nicht nur, um die geeigneten Personen zu finden, sondern diese auch im Verlaufe dieser Phase vom eigenen Unternehmen zu überzeugen. Sehr gute Bewerberinnen und Bewerber haben i.d.R. verschiedene Angebote an dualen Studienplätzen. Das eigene Unternehmen muss eine grundsätzliche attraktive Außenwirkung besitzen und das Interesse der Bewerbenden finden, aber spätestens im Vorstellungsgespräch sollten die bestehenden Vorteile des Unternehmens unmissverständlich und überzeugend vermittelt werden.

Bei Bewerberinnen und Bewerbern, die die Ausbildung im eigenen Unternehmen im zeitlichen Vorfeld durchlaufen haben, kennt das Unternehmen grundsätzlich die theoretischen und praktischen Leistungen und das Potenzial, hier erübrigt sich oftmals das Prüfen von faktischen Leistungsmerkmalen via schriftlichen und praktischen Eignungstests. Bei Externen sollte im Auswahlprozess ein solcher Test noch integriert werden, um möglichst sicherzustellen, dass die in Schulzeugnissen nachgewiesenen Leistungen in der beruflichen Sphäre relevant und passend sind.

Nach dem geführten Vorstellungsgespräch, Assessmentcenter und evtl. schriftlicher und praktischer Leistungsprobe sollte eine unverzügliche Entscheidung erfolgen. Die ausgewählte Person sollte zeitnah zum Vertragsgespräch eingeladen werden, um ihr persönlich die Vertragsregelungen zu erklären, um anschließend den Vertrag erfolgreich abzuschließen. Diese zügige und persönliche Vorgehensweise zeigt der Bewerberin bzw. dem Bewerber eine wichtige und überzeugende Wertschätzung. Der Bewerbungsprozess kann somit erfolgreich beendet werden.

Innerbetrieblicher Umgang mit dual Studierenden

Im Rahmen eines vorgeschalteten erfolgreichen Auswahlprozesses wurden geeignete Bewerberinnen und Bewerber für die Besetzung von dualen Studienplätzen gefunden. Dieser Prozess liegt je nach Unternehmen einige Monate vor Beginn des Studiums.

Damit Unternehmen und Studierender in den anstehenden dualen Semestern zufrieden miteinander erfolgreich agieren können, ist eine geeignete Implementierung der oder des dual Studierenden in der Unternehmenssphäre immens wichtig. Dieser Prozess beginnt schon im Auswahlverfahren, indem die (ausgewählten) Bewerberinnen und Bewerber im eigenen Unternehmen den im späteren Prozess Beteiligten vorgestellt werden. Erfolgssteigernd ist, dass im Auswahlprozess neben der Personalleitung die späteren Praxisbetreuenden beteiligt sein sollten, da sie und die dual Studierenden im Tagesgeschäft miteinander gut zusammenarbeiten müssen.

Vor dem Start des dualen Studium ist es zweckmäßig und wertschätzend, wenn das Unternehmen den dual Studierenden einige Wochen vorher noch weitere Informationen und Unterlagen zum Unternehmen und der anstehenden Zusammenarbeit zusendet, möglichst mit Zeitplänen und Ansprechpersonen.

Möglicherweise bietet das Unternehmen den dual Studierenden idealerweise zwischen Schulabgang und Beginn des dualen Studiums noch die Möglichkeit, sich durch eine zeitlich befristete Anstellung praktisches Wissen über das Unternehmen anzueignen und schon persönliche Kontakte zu den späteren Kolleginnen und Kollegen aufzubauen.

Oft bieten die Studienordnungen und die davon abgeleiteten Arbeitsverträge die Möglichkeit, einige Monate vor Beginn des Studiums in einer Einführungs- oder Kennenlernphase wichtige praktische Strukturen kennen zu lernen.

Wenige Wochen vor Vertragsbeginn sollte die Belegschaft, insbesondere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die später mit den dual Studierenden direkt oder indirekt zusammenarbeiten, über die Einstellung mit Namensnennung und Studiengang informiert werden, um mögliche Vorbehalte oder Unsicherheiten zu minimieren.

Wenn die dual Studierenden vor Beginn des Studiums eine Ausbildung im eigenen Unternehmen erfolgreich durchlaufen haben, erübrigen sich einige Informationen an die Belegschaft, da diese vorher schon dort bekannt sind. Bei extern eingestellten dual Studierenden ist es wichtig, bei Vertragsbeginn diese persönlich bei der Belegschaft in geeignetem Rahmen vorzustellen, insbesondere bei den direkten Kolleginnen und Kollegen.

Werden mehrere dual Studierende im Unternehmen beschäftigt, ist es erfolgversprechend, die Kontakte zwischen diesen herzustellen, häufig auch den Kontakt zu ehemaligen dual Studierenden, um von Anfang an eine gute Willkommenskultur zu bieten.

In den Praxisphasen sind dual Studierende auf die Mitwirkung und Zusammenarbeit mit den Praxisbetreuenden angewiesen. Sie müssen im Vorfeld die Ziele und den Umfang der Maßnahme kennen. Gleichzeitig muss ihnen bewusst sein, dass sie einen erheblichen und teilweise prägenden Einfluss auf die dual Studierenden haben. An dieser Zusammenarbeit zwischen Praxisbetreuenden und dual Studierenden zeigt sich oftmals der Erfolg. Jegliche Unsicherheiten in der Praxisphase sollten vermieden werden. Hier ist neben der Abstimmung mit der Hochschule auch eine solide und aussagekräftige Planung im Betrieb wichtig: Wer hat wann was und wo zu erledigen? Welche praktischen und theoretischen Inhalte sollen vermittelt werden? Wie kann Gelerntes gefestigt werden? Welche Meilensteine werden gesetzt? Viele Fragen sind in der Planung zu klären, damit alle Beteiligten genügend Informationen haben, um die Zusammenarbeit erfolgreich werden zu lassen. Bei der Festlegung der Aufgabenbereiche für die Phasen der Projektbearbeitung sollte eine Abstimmung zwischen Praxisbetreuenden und dual Studierenden stattfinden, um Aufgabenthemen zu finden, die einerseits das Unternehmen weiterbringen aber auch das Interesse des bzw. der dual Studierenden finden. So erhöht sich die Chance, dass eine hohe Motivation besteht, das gestellte Thema sehr gut zu bearbeiten. Die Themenstellung sollte sich an der langfristigen Berufsplanung über das Studium hinaus orientieren, damit das erarbeitete Fachwissen langfristig im Unternehmen entsprechend eingesetzt werden kann.

Die Einhaltung dieser Planung, bzw. das Besprechen evtl. erforderlicher Plananpassungen sollten den Beteiligten jederzeit das Gefühl vermitteln, zielgerichtet und systematisch vorzugehen.

Es ist wichtig, seitens der Personalleitung in regelmäßigen Abständen nach dem beruflichen Wohlbefinden der dual Studierenden nachzufragen, um evtl. Fragestellungen oder Irritationen zufriedenstellen klären zu können.

Zum jeweiligen Semesterende sollten die dual Studierenden eine aktualisierte Leistungsübersicht der Personalleitung vorlegen, im Idealfall erfolgt ein persönliches Gespräch zwischen den Beteiligten über die bisherigen Einzelleistungen. In diesem Zusammenhang können zurückliegende Theorie- und Praxisphasen bewertet und künftige Phasen besser geplant werden.

Nicht immer ist schon zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift klar, welche berufliche Zukunft und welcher Arbeitsplatz im Anschluss an das duale Studium möglich sind. Dieses hat zum einen den Vorteil für die Beteiligten, dass noch eine höhere Variabilität in den Praxisphasen möglich ist. Aber das Unternehmen sollte in Abstimmung mit den dual Studierenden so früh wie möglich über den beruflichen Weg nach der Studienphase sprechen und evtl. schon einen Arbeitsvertrag mit der Benennung der Stellenbezeichnung und den Arbeitsinhalten besprechen, der im Idealfall schon unterzeichnet wird. So kann ein fließender Übergang vom Studium in den anschließenden Beruf stattfinden.

Nach erfolgreichem Abschluss des dualen Studiums sollten im angemessen Rahmen die erbrachten Leistungen gewürdigt werden und allen an den Leistungen Beteiligten Dank ausgesprochen werden.

Von der Aushilfe zur Inhaberin: Lena Weibel ist als Absolventin von StudiumPlus überzeugt vom dualen Studium

Lena Weibel

Funkelnde Gläser, blitzendes Besteck und liebevoll angerichtete Leckereien umrahmt von herrlich bunter Blumendekoration – nicht nur für Hochzeitsfeiern, sondern auch für alle anderen privaten und geschäftlichen Feierlichkeiten zählt für talking tables Konzeptcatering (vormals martinis catering | event) jedes Detail. All dies verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass Inhaberin Lena Weibel, obwohl erst Anfang dreißig, bereits seit über 15 Jahren im Bereich Catering und Events aktiv ist. Schon als Schülerin war sie als Aushilfe bei dem Unternehmen tätig, das ihr inzwischen gehört. Ein wichtiger Bestandteil ihrer beeindruckenden Laufbahn ist StudiumPlus, das duale Studienprogramm der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) und Partner im Dualen Studium Hessen. Als zufriedene Absolventin qualifiziert sie in ihrem Betrieb inzwischen selbst eine duale Studentin.

„Als ich von StudiumPlus hörte, wusste ich sofort: Das ist das Richtige! Denn ich bin eine absolute Praktikerin. In meinem dualen Studium konnte ich mir neben der Praxiserfahrung fundiertes Fachwissen aneignen.“ Als ihre Entscheidung für StudiumPlus fiel, jobbte Lena Weibel gerade nach dem Abitur bei einem großen Event-Caterer in Frankfurt am Main. Tätig war sie im Bereich Marketing und Vertrieb. Angetrieben von dem Wunsch, ihre Passion für Gastronomie und Eventgestaltung zu ihrem Beruf zu machen, überzeugte sie ihre damaligen Vorgesetzten davon, ihr ein duales Studium an der THM im Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaft zu ermöglichen.

Das duale Studienkonzept der THM hat Weibel offensichtlich so sehr gefallen, dass sie im Anschluss an den Bachelor-Abschluss dort den Master-Studiengang Prozessmanagement belegte, den sie ebenfalls erfolgreich absolvierte. Die Einsatzfreude von Lena Weibel zeigte sich auch darin, dass sie vor wenigen Jahren gemeinsam mit ihrem Partner den Entschluss fasste, talking tables Konzeptcatering zu übernehmen. Ihr ehemaliger Chef, für den sie bereits zu Schulzeiten gejobbt hatte, hatte ihren beeindruckenden Weg stets verfolgt. Als er sein Geschäft altersbedingt abgeben wollte, kam er auf Weibel zu und bot ihr die Nachfolge an.

Auch als Chefin und Inhaberin setzt Weibel zur Qualifizierung von Fachkräften auf StudiumPlus: Die ausgebildete Hotelfachfrau Katharina Braun, früher selbst Aushilfe bei dem Unternehmen, absolviert bei talking tables Konzeptcatering ihr duales Studium im Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaft. „Frau Braun bringt nicht nur das Talent mit, operativ im Bereich Gastronomie zu arbeiten, sondern hat auch ein Händchen für Mitarbeiterführung. Gerade bei großen Events arbeiten wir häufig mit einer Teamgröße von bis zu 60 Mitarbeitenden. Dies macht sie für uns zur idealen Nachwuchsführungskraft“, lobt Weibel Ihre Studentin.

In ihrer letzten Praxisphase erarbeitete Braun ein Konzept zur Erschließung neuer Kundenpotentiale durch die Zusammenarbeit mit Eventlocations wie z.B. Burgen, Schlössern oder ehemaligen Fabriken. „Durch das Projekt konnten wir viele wertvolle Kontakte knüpfen. Die Kunden können nun aus einer noch größeren Palette von Örtlichkeiten für ihre privaten oder geschäftlichen Feiern wählen. Hieran erkennt man einen großen Vorteil eines dualen Studiums bei StudiumPlus: Die Studierenden bearbeiten Projekte, die das Unternehmen wirklich voran bringen“, freut sich Lena Weibel.

„Lohnende Investition in die Zukunft“

VW Logo

Vor über 10 Jahren ist VW mit dem Volkswagenwerk Baunatal in das duale Studium eingestiegen: In Kooperation mit der Universität Kassel läuft das so genannte Studium im Praxisverbund (kurz: StiP) seitdem mit großem Erfolg. Im Interview berichten Hartmut Schaupeter, StiP-Koordinator bei der Volkswagen Coaching in Kassel, und Sonja Piechowiak, Leiterin des PersonalService Centers.

Das Volkswagenwerk Baunatal ist die zweitgrößte Produktionsstätte der Volkswagen AG. Dementsprechend hoch ist der Bedarf an qualifizierten und motivierten Mitarbeitern. Wie begegnet das Unternehmen dem Fachkräftemangel? Wie sieht es mit dem zukünftigen Führungsnachwuchs aus?

Es ist richtig, wir haben einen großen Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften – insbesondere im technischen Bereich. Diesen Bedarf decken wir, indem wir selbst ausbilden und Stipendien anbieten– sowohl dual als auch im Anschluss an die Berufsausbildung. Durch die frühe Bindung an das Unternehmen, die Möglichkeit Praxiserfahrung zu sammeln und so die Menschen, Produkte und Prozesse kennenzulernen, starten unsere Nachwuchskräfte gut vorbereitet in den Job. Letztlich profitieren wir alle hiervon.

Viele Unternehmen bieten erst seit wenigen Jahren duale Studienmodelle an. Manche planen sogar erst eine künftige Einführung. VW hat jedoch hat schon Ende der 1990er Jahre diese Form der Ausbildung für sich entdeckt. Wie kam es dazu?

Wir haben früh erkannt, dass wir auf diesem Wege Nachwuchskräfte gewinnen, die sich in kurzer Zeit theoretisches und praktisches Know-how aneignen und damit optimal auf den Berufseinstieg bei der Volkswagen AG vorbereitet sind. Zudem wollten wir gezielt Studierende aus den Fachrichtungen für uns gewinnen und fördern, bei denen wir in der Zukunft Personalbedarf haben.

Man müsste eigentlich davon ausgehen, dass Absolventen fit für die Arbeit im Betrieb sind. Welche Fähigkeiten fehlen beispielsweise einer Ingenieurin, die sich nach einem klassischen Hochschulstudium in Ihrem Hause bewirbt?

Jungen Hochschulabsolventen fehlt es häufig an einschlägiger Praxiserfahrung. Wir möchten, dass unsere dual Studierenden auch den Hallenboden kennenlernen. Nur wer die Prozesse vor Ort erlebt hat, kann das erworbene theoretische Wissen erfolgreich in die Praxis umsetzen. Wir wünschen uns, dass von den Expertinnen und Experten vor Ort gelernt wird.

Für eine konkrete Umsetzung des dualen Studienkonzepts bei VW Baunatal kam es auf die verschiedensten Akteure an. Auch die besonderen Studienbedingungen in der Region waren zu berücksichtigen. Was macht also das so genannte „Kasseler Modell“ aus?

Bei der Umsetzung arbeiteten die Universität, die Berufsschulen, die IHK und Betriebe zusammen. Im gemeinsamen Austausch entstand das jetzige Modell. Besonders ist hierbei, dass die dual Studierenden in Kassel ganz regulär die Vorlesungen im Semester besuchen und in den vorlesungsfreien Zeiten im Betrieb sind. Dies ermöglicht es uns, Ausbildung und Studium gut aufeinander abzustimmen.

Das Studienmodell ist ausbildungsintegriert: Alle StiPs erhalten im Laufe ihrer Ausbildung einen Facharbeiterbrief. Warum ist dieser dritte Aspekt notwendig?

Wir legen Wert auf eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung der dual Studierenden- sie ist die solide Basis für den späteren Erfolg als Ingenieurin und Ingenieur. Das duale Programm ist nicht nur die Aneinanderreihung von Praktika in den vorlesungsfreien Zeiten. Der IHK Abschluss ist für uns ein Gütesiegel und belegt unseren Anspruch, neben den Studieninhalten und dem Praxiswissen auch Facharbeiterkenntnisse und –fähigkeiten zu vermitteln.

Ein letzter Blick in die Zukunft: Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des StiP-Konzepts ein? Welchen Rat geben Sie anderen Unternehmen mit auf den Weg?

Für uns ist und bleibt das duale Modell ein Erfolgsmodell – und zwar für die dual Studierenden, die Universität und uns als Unternehmen. Es lohnt sich, und dies nicht erst seit dem Wissen um den demografischen Wandel, in junge Menschen zu investieren. Für Volkswagen ist dies eine lohnende Investition in die Zukunft!