Unternehmensberichte

Wie sieht die Kooperation zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen in der Praxis aus? Welche Vorteile bietet das Duale Studium Hessen für Unternehmen?

Auf den folgenden Seiten berichten Unternehmensvertreterinnen und Unternehmensvertreter aus dem Dualen Studium Hessen.

Vom Studenten zum Geschäftsführer

Maximilian Plum absolvierte bereits sein duales Studium bei Schäfers Backstuben. Inzwischen ist er Geschäftsführer des Unternehmens.

Maximilian Plum kennt die Vorteile des dualen Studiums aus zwei Perspektiven

Mit dualen Studierenden hat man gute Möglichkeiten, die Fach- und Führungskräfte von morgen aufzubauen – dieser Meinung ist Maximilian Plum, Geschäftsführer von Schäfers Backstuben im mittelhessischen Biedenkopf. Plum selbst ist das beste Beispiel: Er hat es in nur sieben Jahren vom dualen Studenten bis zum Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens gebracht. Damit dokumentiert er eindrucksvoll den Vorsprung, den die dualen Studierenden in den Unternehmen haben.

Plum hörte nach seinem Fachabitur in Bad Laasphe von StudiumPlus, dem dualen Studienprogramm der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) und des CompetenceCenters Duale Hochschulstudien – StudiumPlus e.V.(CCD) – und Partner im Dualen Studium Hessen. Er überzeugte den Inhaber von Schäfers Backstuben in Biedenkopf, Heinz Lichtenthäler, davon, mit seinem Familienunternehmen als Partnerunternehmen bei StudiumPlus einzusteigen und ihn als ersten Studierenden einzustellen. „Der Mehrwert, die Nachwuchskräfte für das Unternehmen selbst mit zu qualifizieren, leuchtete ihm ein“, erzählt Plum. „In einer Zeit, in der die Generation der Babyboomer ihr Berufsleben beendet, denke auch ich, dass es sehr sinnvoll ist, seine eigenen Führungskräfte selbst heranzuziehen und mit auszubilden.“

Maximilian Plum startete in Wetzlar den dualen Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaft. Zuvor hatte er in einem Jahrespraktikum das gesamte Unternehmen in Biedenkopf Abteilung für Abteilung kennengelernt. In welche Richtung es im Unternehmen dann für ihn während des Studiums gehen sollte, sei völlig offen gewesen: „Das ist die Philosophie bei Schäfers Backstuben, dass wir sehen, was zu dem jeweiligen Menschen passt“, so Plum.

Und bei ihm passte es offensichtlich gut: „Das Unternehmen ist der Auffassung, dass man früh Verantwortung übertragen bekommt, dafür darf man auch Fehler machen.“ Nachdem er während seines Bachelor-Studiums keiner Abteilung fest zugeordnet war, mal in der Produktion, mal in der Logistik und mal in der Personalabteilung mitarbeitete, bekam er in seinem direkt angeschlossenen dualen Master-Studium Prozessmanagement einen ordentlichen Batzen Verantwortung und wurde bereits im Studium Gesamtverkaufsleiter.

„Durch StudiumPlus habe ich früh erkannt, wie wichtig der Mittelstand für Deutschland ist“, erzählt der 28-Jährige. Er habe schnell gewusst, dass er ein Unternehmen führen wolle. Und die Chance bekam er direkt nach seinem Master-Abschluss: Er wurde Geschäftsführer des seit 1931 bestehenden Familienunternehmens, das heute 650 Mitarbeitende und 58 Filialen hat und täglich 50.000 Brötchen und 6.000 Brote ausliefert. Die Zusammenarbeit im Unternehmen mit der Inhaberfamilie ist so gut, dass schon über eine eventuelle Nachfolgeregelung gesprochen wird.

Er selbst sei der „Testpilot“ für Schäfers Backstuben gewesen, das Unternehmen habe die Vorteile des Systems durch die Erfahrungen mit ihm kennengelernt. Als Geschäftsführer sei er überzeugt von der Verzahnung von Theorie und Praxis: „Wir liefern den praktischen Part, so dass die Studierenden das Gelernte umsetzen können. Und die Studierenden bringen Wissen von der Hochschule mit, ob in der Logistik oder im Personalbereich.“

„Mir hat im Studium geholfen, dass ich immer den Mehrwert meiner Praxisprojekte im Unternehmen gesehen habe“, erinnert sich Plum. „Ich hatte zusätzlich zu einer übergeordneten Betreuungsperson auch immer Betreuerinnen und Betreuer in den Fachabteilungen, die mich unterstützt haben.“ Das halte das Unternehmen auch heute so, „der Gedanke ist, dass man immer Expertinnen und Experten als Ansprechpersonen hat.“ Und die Studierenden sollen sich so entwickeln, dass sie am Ende des Studiums in den Bereichen, die sie durchlaufen haben, auch ebensolche sind – und das Expertenwissen noch ausbauen durch die Kenntnisse, die sie im theoretischen Teil des Studiums erwerben.

Ganz wichtig sind Maximilian Plum die Praxisprojekte im Unternehmen. „Unsere Studierenden bearbeiten brandaktuelle Themen, die direkt umgesetzt werden“, betont er, beispielsweise die Entwicklung eines neuen Standortkonzepts oder die Veränderung von Produktionsabläufen. Eine StudiumPlus-Absolventin hat als Praxisprojekt eine neue Schulungsabteilung entwickelt – und ist nun als Leiterin der Personalentwicklung selbst dafür verantwortlich.

„Wir wollen ein junges Unternehmen bleiben“

ADticket

Das Frankfurter Unternehmen ADticket stellt mit webbasierten Systemen für Veranstalter im Bereich von Theater, Konzerte, Sport, Tourismus und Messen die nötige Infrastruktur für den Ticketverkauf bereit.

Rund 100 Mitarbeiter zählt das Team von ADticket inzwischen, seit 2010 ist das Unternehmen Praxispartner im Dualen Studium Hessen.

Im Interview berichtet Geschäftsführer Helge Hollander von der erfolgreichen Umsetzung des dualen Studiums für sein Unternehmen.

Warum hat sich Ihr Unternehmen für das duale Studium entschieden?

Für uns hat die Ausbildung qualifizierter Nachwuchskräfte einen hohen Stellenwert. Wir bilden bereits seit vielen Jahren aus und haben auch schon mehrere praxisnahe Bachelor- und Masterarbeiten begleitet. Dabei ist das duale Studium, das sehen wir an unseren Bewerberzahlen, für beide Seiten ein attraktives Ausbildungsmodell: Wir suchen Mitarbeiter, die sich mit uns entwickeln und wachsen wollen. Wer sich für ein duales Studium bewirbt, so unsere Erfahrung, bringt diese Bereitschaft mit. Letztlich ist dies also auch ein tragfähiges Instrument der Personalplanung und -entwicklung. Denn bis ein neuer Mitarbeiter vollumfänglich einsatzfähig ist und er das Unternehmen von Grund auf versteht, braucht es eine Einarbeitungszeit von zwei Jahren. Die Investition in das duale Studium zahlt sich daher für uns als Unternehmen gleich mehrfach aus.

Wie organisieren Sie die Praxisphasen im Unternehmen?

Wir bilden mit unserem Partner, der accadis Hochschule, in einem Blockmodell aus: Die Studierenden sind drei Monate an der Hochschule, drei Monate im Betrieb. In den Praxisphasen durchlaufen unsere dual Studierenden wie auch die Auszubildenden sämtliche Abteilungen, um vom Controlling bis zum Marketing alle Arbeitsbereiche von ADticket kennen zu lernen. Dieses Modell hat sich für uns als sinnvoll erwiesen. So können wir mit unseren angehenden Betriebswirten schon bevorzugte Tätigkeitsbereiche und mögliche Einsatzfelder für die Zeit nach dem Studium herausfinden.

Welche Kriterien legen Sie bei der Bewerberauswahl an?

Noten sind wichtig, aber nicht das Entscheidende – die Motivation zählt. Überzeugt hatte mich persönlich schon bei unserer ersten Bewerberin die hohe Motivation, die sie mit der Entscheidung für die Doppelvariante von Studium und Beruf mitbrachte. Die drei Jahre sind dann für beide Seiten eine gute Zeit, um sich intensiv kennen zu lernen und das weitere Entwicklungspotential herauszufinden.

„In der Addition liegt der bedeutende Wert.“

Dietmar Groth

Die DB Systel GmbH , eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn mit Sitz in Frankfurt am Main, und die BA Rhein-Main sind starke Partner seit drei Jahren. Die erfolgreiche Kooperation besteht bereits seit 2006.

Jedes Jahr sind 20 bis 25 Studentinnen und Studenten des Unternehmens bei der BA Rhein-Main eingeschrieben. Herr Dietmar Groth ist Leiter der Ausbildung bei der DB Systel GmbH und gleichzeitig Mitglied des Prüfungsausschusses der Berufsakademie.

Im Interview berichtet er von der erfolgreichen Kooperation zwischen der DB Systel GmbH und der BA Rhein-Main.

Warum hat sich Ihr Unternehmen für die BA-Ausbildung entschieden?

Grundsätzlich halten wir die Kombination aus einer praktischen Berufsausbildung im Unternehmen und einem theoretischen Studium für einen sehr wertvollen Ausbildungsweg. In der heutigen Zeit ist es von entscheidendem Vorteil, Menschen mit theoretischem Background zu beschäftigen, die der Praxis nahe sind. Menschen, die aus der Praxis heraus verstehen, worum es geht, um in der Umsetzung und Veränderung die Systemkomplexitäten der heutigen Zeit vollständig berücksichtigen zu können. In der Addition liegt der bedeutende Wert.

Ein Vollzeitstudium ist häufig sehr wissenschaftlich ausgerichtet, mit geringem Praxisanteil und die herkömmliche Berufsausbildung reicht von den vermittelten Inhalten nicht immer aus. Der kombinierte Ausbildungsgang kann die Bedarfslücke in unserem Ausbildungssystem in vielen Fällen schließen.

Was war ausschlaggebend, die Zusammenarbeit mit der BA Rhein-Main auszuweiten?

Das sind vor allem zwei Gründe: Die optimale Verzahnung von Theorie und Praxis sowie die optimale Größe. Die Verzahnung der Theorie und Praxis wird an der BA Rhein-Main wirklich vorbildlich umgesetzt. Und die optimale Größe gewährleistet eine individuelle Betreuung von Studierenden und Partnerunternehmen. Anonymität gibt es hier nicht. Trotzdem ist die Größe der BA ausreichend, um alle notwendigen Leistungsfelder sicher abzudecken und wir fühlen uns hier sehr individuell betreut.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit konkret?

Die Zusammenarbeit beginnt lange vor der Ausbildung. Die interessierten Unternehmen werden besucht, werden hinsichtlich spezieller Bedarfe, Wünsche und Erwartungen befragt und gehört. Zudem wird das ausbildende Personal der Unternehmen mit den Ausbilderinnen und Ausbildern der BA zusammengeführt. Die BA ist behilflich bei der Zusammenführung von Bewerberinnen und Bewerbern und Unternehmen. Die Vorlesungsinhalte der Theoriephasen sind im Vorwege bekannt und können rechtzeitig um wünschenswerte Aspekte ergänzt werden, wenn dies von Unternehmensseite gewünscht ist. Die Praxisphasen können so geplant werden, dass die jeweils im Studium erlernten theoretischen Grundlagen in der Praxis vertieft werden. Umgekehrt schreiben die Studentinnen und Studenten Praxisberichte, so dass auch die Verantwortlichen an der BA über die Inhalte der Unternehmensausbildung informiert sind.

Darüber hinaus findet ein regelmäßiger Austausch zwischen den Ausbilderinnen und Ausbildern im Unternehmen und der BA statt, um über die Studentinnen und Studenten, deren Stärken und Schwächen und vor allem deren Zukunftsperspektiven zu beraten.

Auch bei der Themenauswahl für Diplom- und Bachelor-Arbeiten bietet die BA Rhein-Main den Unternehmen ideale Bedingungen. Die Studentinnen und Studenten werden im Unternehmen am Ende ihrer Ausbildung in einem bestimmten Projekt eingesetzt und sollen darüber ihre Diplomarbeit schreiben. An der BA lässt sich dann leicht ein Dozent mit entsprechendem Fachwissen finden, der die Studentin oder den Studenten unterstützt und dazu beiträgt, dass die Ergebnisse vorzeigbar und für das Unternehmen sachdienlich genutzt werden können.

Was macht die Absolventen der BA so attraktiv?

Häufiges Defizit in einer Ausbildung ist, dass der zu erlernende Stoff keinen unmittelbaren Bezug zu einer späteren Verwendung bietet. Dieses Defizit ist bei einem Dualen Studium ausgeschlossen, da alle Beteiligten – BA, Partnerunternehmen und Studierende – dazu beitragen, die Themen, die später wirklich gebraucht werden, in den Vordergrund zu stellen. Die Studentinnen und Studenten lernen somit hochgradig effizient. Das motiviert alle Beteiligten. Und diese motivierte Effizienz kommt uns als Unternehmen sehr zu Gute.

Weiterhin wird nicht nur reines Wissen und die Systematik der Wissensaneignung vermittelt, sondern vor allem die Freude am Wissen selbst. Trotz dem überaus anspruchsvollen Pensum, das die Studentinnen und Studenten absolvieren müssen, ist den dualen Studentinnen und Studenten die Freude am Lernen und am Wissen anzumerken. Und diese Freude hört auch dann nicht auf, wenn die BA-Ausbildung abgeschlossen ist. Freude am Lernen ist die Grundvoraussetzung für die Wissensgesellschaft von Morgen. Und auf diese bereitet ein Duales Studium vorbildlich vor.

Interview mit Markus Michels, Geschäftsführer focus Industrieautomation, Merenberg

Markus Michels

Focus Industrieautomation (www.focus-ia.de) ist ein international tätiges Unternehmen der Software-Branche mit den Schwerpunkten IT und Automatisierungstechnik. Das Unternehmen bietet branchenübergreifende Lösungen für die Prozess- und Fertigungsindustrie.

Der Betrieb mit 30 Mitarbeitenden bildet Fachinformatikerinnen und -informatiker für Anwendungsentwicklung aus. Seit 2009 beteiligt sich die Firma am dualen Studienmodell StudiumPlus der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) in den Studiengängen Technische Informatik, Elektrotechnik und seit 2017 auch in dem neuen Studiengang Softwaretechnologie. Aktuell sind zwei dual Studierende beschäftigt.

Gibt es aufgrund Ihrer Erfahrungen spezielle Anforderungen und Voraussetzungen, die ein Unternehmen für eine Beteiligung am dualen Studium erfüllen sollte?

Michels: Grundsätzlich ist von Vorteil, wenn man schon Ausbildungsbetrieb ist und hier auf Erfahrungen zurückgreifen kann. Man muss sich im Betrieb ja adäquat um die Studierenden kümmern können. Die Praxisphasen müssen gut betreut und begleitet werden, man muss die Themen für die Praxisarbeiten definieren, die inhaltlich zum Unternehmen passen, aber auch ein akademisch angemessenes Niveau haben sollen. Hier ist gute Betreuung notwendig und da war für uns hilfreich, dass wir aus der dualen Ausbildung schon Erfahrungen hatten.

Nach welchen Kriterien haben Sie Ihren Bildungspartner für duale Studiengänge ausgesucht?

Bei der THM ist neben dem passenden Studienangebot natürlich auch die regionale Nähe entscheidend. Unsere dualen Studenten studieren am Standort Wetzlar, das ist für uns ideal, ebenso wie der neu hinzugekommene Studienstandort Limburg. Es finden im Rahmen des dualen Studiums ja auch immer wieder Termine an der Hochschule statt, an denen wir teilnehmen, das ist aufgrund der räumlichen Nähe auch gut für mich machbar, weil ich nur eine halbe Stunde Anfahrtsweg habe.

Da kann man meines Erachtens auch keine allgemeingültige Empfehlung für nur einen einzigen Bildungsanbieter abgeben, letztendlich müssen die Fachrichtungen und Inhalte zum Unternehmen passen, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass man die Absolventinnen und Absolventen nach dem Studium ja auch übernehmen will.

Welche Anforderungen hat die THM an Ihr Unternehmen gestellt? Waren besondere Vorbereitungen wichtig?

Michels: Vor allem müssen die fachlichen Kompetenzen im Unternehmen vorhanden sein. Also, wenn ich beispielsweise Elektrotechnik anbiete, dann brauche ich auch Leute im Unternehmen, die das beherrschen und vermitteln können. Sinnvoll ist sicher auch, dass die oder der Praxisbetreuende im Unternehmen über einen gleichwertigen Abschluss verfügt, denn spätestens in der ersten Praxisphase muss ja die Leistung der Studierenden bewertet werden. Und das geht nur, wenn man fachlich Ahnung vom Thema hat und in der gleichen Liga spielt.

Wie lange war die Vorlaufzeit, bis die Kooperation mit der Hochschule zustande kam?

Michels: Die Abstimmung mit der THM ging damals relativ schnell, ich denke, das war ein Zeitraum von ungefähr drei Monaten. Allerdings war der Entscheidungsprozess, also die generelle Frage, ob wir uns am dualen Studium beteiligen oder nicht, deutlich länger. Nach der grundlegenden Entscheidung ging es dann recht schnell. Wir hatten uns damals überlegt, dass wir das duale Studium gerne anbieten möchten, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu rekrutieren.

Haben Sie Tipps für Unternehmen, die noch in der Entscheidungsfindung sind?

Michels: Bei der Entscheidung, sich am dualen Studium zu beteiligen, muss man sich als Unternehmen die Frage stellen: Was will ich damit erreichen, was ist mein mittelfristiges Ziel? Wenn ich dual Studierende einstelle, dann kostet mich die Person ja erst einmal Geld und steht mir nur eingeschränkt zur Verfügung. Zwar kann sie oder er in der Praxisphase durchaus einen Beitrag für das Unternehmen leisten, aber der Mehrwert und Nutzen für das Unternehmen stellt sich ja erst mittelfristig ein, wenn die Nachwuchskraft tatsächlich im Unternehmen verbleibt.

Ganz praktisch würde ich empfehlen, sich mit der Hochschule oder Berufsakademie auseinanderzusetzen, einen Termin zu machen und sich umfassend zu informieren. Das Angebot sollte man als Unternehmen nutzen. Die THM bietet beispielsweise auch Netzwerkveranstaltungen, wo Austauschmöglichkeiten mit anderen Unternehmen bestehen. Für mich ist dabei interessant, dass ich auf Unternehmen aus ganz anderen Branchen treffe, zu denen ich sonst gar keinen Kontakt hätte. So kann man in lockerer Runde ganz zwanglos das ein oder andere Thema besprechen und Fragen klären. Das finde ich immer recht interessant. Und gerade wenn man als Unternehmen neu in das duale Studium einsteigen möchte, kann ich das nur empfehlen.

Wie läuft die Bewerbersuche? Unterstützt Sie die Hochschule bei der Suche nach geeigneten Bewerbern?

Michels: Die THM hat ein Portal für Stellenausschreibungen, dort können wir uns als Unternehmen mit unseren Angeboten eintragen lassen. Die offenen Stellen werden einmal jährlich im Vorfeld von der THM abgefragt. Wir sind aber auch sehr viel auf Bildungsmessen unterwegs und beteiligen uns an Schulveranstaltungen zur Berufsorientierung, um unsere Ausbildungsstellen und dualen Studiengänge zu bewerben.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Hochschule?

Michels: Die Abstimmung mit der THM funktioniert sehr gut, auch mit den Ansprechpersonen haben wir positiven Austausch, man trifft sich auch immer wieder mal auf den Bildungsmessen. Aber auch der Austausch mit den Lehrenden während der Praxisphasen funktioniert sehr gut.

Das heißt, die betreuenden Professorinnen und Professoren kommen während der Praxisphase zu Ihnen ins Unternehmen?

Michels: Ja, mindestens einmal pro Praxisphase. Das ist auch notwendig, denn wenn es später um die Bewertung der Leistung in den Praxisphasen geht, dann ist es sehr hilfreich, wenn sich Praxisbetreuende und betreuende Lehrende schon einmal getroffen und ausgetauscht haben.

In welchem Umfang können die akademischen Inhalte in den Praxisphasen umgesetzt werden?

Michels: Für den Bereich Elektrotechnik würde ich sagen, etwa 70 Prozent können umgesetzt werden, aber auch erst in den höheren Semestern. In den ersten beiden Semestern ist es immer ein bisschen schwierig, denn da erfolgt vor allem Grundlagenvermittlung. Wir als Software-Unternehmen haben da nicht so die Transfermöglichkeit, und die Programmierthemen kommen erst in den höheren Semestern, vor allem auch in den Wahlpflichtfächern. Da kommen wir dann auf etwa 70 Prozent Theorie-Praxis-Transfer.

Bestimmen Sie die Inhalte der Praxisphasen selbst oder gibt es Vorgaben von der Hochschule?

Michels: Die Inhalte werden von uns in Abstimmung mit der Hochschule festgelegt. Es gibt ein Modulblatt für die Praxisphase, dort tragen wir das Thema ein und melden es an die Hochschule zurück. Nach Ende der Praxisphase präsentieren die Studierenden ihre Ergebnisse an der Hochschule. Bei diesen Terminen sind die Praxisbetreuenden dabei, so haben wir auch einen ganz guten Vergleich mit anderen Arbeiten.

Wir haben schon den Anspruch, dass unsere Praxisthemen vom Niveau her angemessen und relevant für das Unternehmen sind. Da stellen wir aber durchaus Unterschiede im Vergleich mit anderen Unternehmen fest. Unsere Themen sind meist aus der Programmierung, wobei der Anspruch mit dem Studienverlauf steigt. Wir versuchen auch, dass wir das Projekt später wiederverwerten können, was aber nicht immer klappt.

Nach welchen Kriterien werden die Leistungen der Praxisphase benotet?

Michels: Es gab eine Vorgabe von der Hochschule. Aber wir haben hier zusätzlich intern ein eigenes Bewertungsschema, einen Kriterienkatalog mit mehreren Punkten, die wir zur Bewertung anlegen. Also etwa, wie engagiert ein Studierender ist, oder Softskills wie Zuverlässigkeit, aber auch fachlich-technische Aspekte.

Sie verwenden also ein standardisiertes Bewertungsschema?

Michels: Ja, genau. Das haben wir für uns ausgearbeitet und benutzen es auch in etwas abgespeckter Form für die Beurteilung von Praktikanten, die auch immer ein qualifiziertes Zeugnis bekommen. Das Schema hilft uns auch bei der Abstimmung mit der Hochschule, da muss man ja begründen können, wie die Beurteilung zustande gekommen ist.

Sind nach Ihrer Meinung die Leistungen der Praxisphasen in der Studienleistung ausreichend berücksichtigt?

Michels: Ich finde die geltenden Regelungen in Ordnung. Ein duales Studium ist immer noch ein vollwertiges Hochschulstudium, bei dem der Schwerpunkt auf der Vermittlung von wissenschaftlichen Kenntnissen und Herangehensweisen liegt. Das ist der Werkzeugkasten, den ich nachher im Berufsleben brauche. Im Studium bekommt man sicherlich mehr Inhalte vermittelt, als man später verwenden kann. Im dualen Studium ist das noch etwas stärker auf die Berufsbefähigung zugeschnitten als im Regelstudium. Aber von dem, was ich beispielsweise während meines Studiums gelernt habe, brauche ich heute nur einen kleinen Teil. Aber letztendlich geht es um die Herangehensweise, die man im Studium lernt. Von daher finde ich schon, dass das die Gewichtung in Ordnung ist.

Was würden Sie einem Unternehmer mit auf den Weg geben, der sich überlegt, das duale Studium anzubieten?

Michels: Ich finde es interessant, dass es immer noch Betriebe gibt, die noch gar nicht darüber nachgedacht haben, gerade im Hinblick auf den immer größer werdenden Mangel an Fachkräften. Klar, der Wettbewerb wird größer, wenn sich immer mehr Unternehmen am dualen Studium beteiligen und Stellen ausschreiben. Aber junge Menschen mit Schulabschluss fordern das ein, die wollen das machen, also muss ich mich als Unternehmen darauf einstellen. Wenn ich übermorgen nicht ohne Personal da stehen will, dann muss ich da was tun. Der Fachkräftebedarf erfordert neue Wege, und da kommt man am dualen Studium einfach nicht vorbei.

Vom Azubi zum dualen Studenten: Hessischer Modellversuch ermöglicht Studium ohne Abitur

Leifheit

Nassau/Limburg. Ob Wäschespinne, Bodenreiniger oder Fenstersauger – kaum ein Haushalt in Deutschland, der nicht über mindestens eines der türkisgrünen Produkte der Leifheit AG aus dem rheinland-pfälzischen Luftkurort Nassau verfügt. Unter dem Motto „so geht Haushalt heute“ bietet das über 1.000 Mitarbeiter starke Traditionsunternehmen seit fast 60 Jahren Produkte aus den Bereichen Reinigen, Wäschepflege, Küche und Well-Being an. Seit Jahrzehnten wird in dem Unternehmen aber auch die Qualifikation von Nachwuchskräften ganz groß geschrieben. Gleich zwei junge Männer absolvieren zurzeit ihr duales Studium bei Leifheit.

Der 20-jährige Jan Behrens und der ein Jahr ältere Manuel Metz belegen den Bachelor-Studiengang Ingenieurwesen Maschinenbau beim dualen Studienprogramm StudiumPlus der Technischen Hochschule Mittelhessen, das Partner im Dualen Studium Hessen ist. Vorab hatten beide schon ihre Ausbildung bei Leifheit absolviert, Metz zum Werkzeugmechaniker und Behrens zum Industriemechaniker. Gemeinsam haben die beiden jungen Männer, dass sie ohne Abitur studieren, was an hessischen Hochschulen momentan im Rahmen eines Modellversuchs möglich ist. „Um das zu bewältigen, ist schon eine Menge Eigeninitiative gefordert, da wir insbesondere zu Beginn des Studiums einiges an Stoff nachholen mussten“, berichtet Behrens. Allerdings hätten die beiden auch Vorteile gegenüber den Kommilitonen mit klassischer Hochschulreife, erklärt Metz: „Durch unsere Ausbildung bringen wir Praxiserfahrung mit, die wir den Abiturienten voraushaben.“

Betreut werden die beiden Studenten von Jan Niklas Bär, der bei Leifheit als Projektmanager im Bereich Engineering tätig ist. Vom Konzept ist er vollkommen überzeugt: „Das duale Studium verbindet aktuelles Wissen aus der Hochschule mit intensiver Betreuung im Unternehmen, davon profitieren die Studierenden ganz immens.“ In den Praxisphasen, die bei StudiumPlus etwa die Hälfte der Studienzeit umfassen, bearbeiten die Studierenden eigenverantwortlich Projekte, die das Unternehmen tatsächlich weiter bringen. In ihrer ersten Praxisphase waren die beiden Studenten gemeinsam in einem Projekt eingesetzt, für das sie sogar nach Blatná in Tschechien reisen durften, wo Leifheit einen Produktionsstandort hat.

Kerngegenstand des Projekts war die Optimierung der Bestückung einer Pulverbeschichtungsanlage mit Rohrteilen, die später unter anderem im Wäschetrockner „Pegasus“ verbaut werden. „Es war toll, vor Ort zu sehen, wie die Fertigungsprozesse ablaufen und unsere Optimierungsvorschläge im Sinne der so genannten „Lean Production“ einbringen zu können“, schwärmt Behrens. „Die Aufgabe war eine große Herausforderung für uns, aber wir haben unglaublich viel gelernt“, ergänzt Metz. „Was wir im ersten Semester im Modul CAD gelernt haben, konnten wir direkt in der Praxis anwenden. Und es ist ein großes Erfolgserlebnis, dass unsere aus dem Projekt gewonnen Anregungen zukünftig umgesetzt werden“, freuen sich die beiden.